Die "Rzeczpospolita" ist nach der "Gazeta Wyborcza" die zweitgrößte überregionale Qualitätszeitung Polens. Sie hat eine verkaufte Auflage von ca. 117.000 Exemplaren (Stand: Anfang 2010) und eine geschätzte Leserschaft von 1,3 Millionen. Die politische Linie ist gemäßigt liberal-konservativ. Vergleichbar ist sie am ehesten mit der deutschen FAZ. Gründungschefredakteur der unabhängigen "Rzeczpospolita" war 1989 bis 1996 der bekannte Journalist Dariusz Fikus (1932 ? 1996). Nach ihm ist auch der renommierte Journalistenpreis Nagroda im. Dariusza Fikusa "Człowiek w mediach" benannt, der seit 1997 jährlich von der ?RZ?-Redaktion vergeben wird.

Auffällig ist die thematische und farblich hervorgehobene Dreiteilung der Zeitung: Neben dem normalen Nachrichtenteil (weiß) erscheint der Wirtschaftsteil auf hellgrünem Papier, zudem gibt es einen täglichen juristischen Teil auf gelbem Papier. Neben diesen täglichen Rubriken erscheinen wöchentlich Beilagen (u.a. Auto- und Immobilienmarkt, Karriere, Fernsehprogramm, Kultur, Reisen). Samstags erscheint die Feuilleton-Beilage ?Plus-Minus?. Interessant ist, dass seit dem 3. März 2008 der ?RZ? statt eines zweiseitigen Warschauer Lokalteils die Zeitung ?Życie Warszawy? beiliegt. Das Warschauer Traditionsblatt, das seit 1944 erscheint, war im Sommer 2007 von der Presspublica erworben worden. Seit Jahren hatte "ŻW" mit einem dramatischen Auflagenschwund zu kämpfen. Ende 2007 wurden gerade einmal 18.000 Exemplare verkauft. Nun erscheint ?Życie Warszawy? täglich als 16-seitige RZ-Beilage und als eine um einen Mantel (Polen und Ausland) ergänzte Version für den Straßenverkauf.

Die heutige "Rzeczpospolita" ist hervorgegangen aus der gleichnamigen ehemaligen Zeitung der kommunistischen Regierung, die erstmals, noch während des Zweiten Weltkriegs, im Juli 1944 erschien. Der Titel knüpfte damals bewusst an die gleichnamige Zeitung aus der Zwischenkriegszeit (1920 ? 1932) an, um in der polnischen Nachkriegsöffentlichkeit, die der neuen kommunistischen Regierung durchweg ablehnend gegenüberstand, eine gewisse Legitimität aufzubauen. Parallel dazu erschien mit der Gründung der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PVAP) 1948 deren Zeitung "Trybuna Ludu" (Volkstribüne). 1950 wurde die "Rzeczpospolita" eingestellt.

In der politischen Krise des Jahres 1980 entstand die Idee zur Wiederbelebung der Zeitung. Seit 1982 erschien "Rzeczpospolita" als Organ des Regierungsapparates. 1991 wurde die "Rzeczpospolita" von der neuen demokratischen Regierung in die Unabhängigkeit entlassen. Es entstand ein polnisch-französisches Joint Venture, der Verlag Presspublica, in dem die Zeitung seither erscheint. Von 1996 bis 2007 war der norwegische Konzern Orkla Media zu 51 % an Presspublica beteiligt. 2007 verkaufte der Konzern seine Anteile an die Mecom Group. Mit 49 Prozent ist nach wie vor das staatliche Verlagsunternehmen Rzeczpospolita (Państwowe Przedsiębiorstwo Wydawnicze Rzeczpospolita) am Blatt beteiligt. Mitte April 2008 gab der polnische Schatzminister Aleksander Grad bekannt, dass die PO-Regierung die Anteile am Verlag veräußern wolle. Auch Axel Springer zeigte Kauflust an der konservativen Warschauer Tageszeitung "Rzeczpospolita", gab aber Mitte 2009 seine Pläne auf. Bis Anfang 2010 ist eine Privatisierung nicht erfolgt.

Seit Mitte 2006 ist Paweł Lisicki Chefredakteur. Die ?RZ? beschäftigt heute rund 250 Journalisten.